Ellenfeld-Stadion (Neunkirchen) – Das Original

In keinem anderen Stadion der Republik kann man sich noch so gut in die Anfangsjahre der Bundesliga zurückversetzen wie im Neunkircher Ellenfeld-Stadion. Oder ich mich in die Zeit, als mein Vater in jungen Jahren hier Regionalliga gesehen hat. Es ist als einziges noch weitestgehend so erhalten, wie es in den 1960ern für die insgesamt drei Erstligaspielzeiten der Borussia umgebaut wurde und damit einer der Sehnsuchtsorte vieler Groundhopper. Da hier seit 1912 gekickt wird, ist es auch einer ältesten Orte mit Spielbetrieb überhaupt, auch wenn das heutige Erscheinungsbild erst nach dem Zweiten Weltkrieg entstand.

Schon von außen fühlt man sich in eine andere Zeit versetzt mit den Kassenfenstern im Tribünenbeton und den urigen Eingängen. Ein beeindruckendes Bild geben die Betonstützen ab, die die Tribüne und die Spieser Kurve tragen. Diese ist leider seit 13 Jahren gesperrt, wohl weil das Geländer am oberen Ende zu niedrig ist. Die gewaltigen Außentreppen hinauf zur Kurve wuchern seither zu. Im Inneren zeigt sich die gewaltige Stehkurve dagegen gut in Schuss und man würde gerne wieder Zuschauer dort stehen sehen. Die verteilen sich stattdessen auf die Stehränge der Gegengeraden und der Sporthallenseite (auch die Halle mit ihrer Front aus Glasbausteinen wirkt wie aus der Zeit gefallen) sowie in die Ecke zur Haupttribüne. Oder ohne Eintritt auf den Hang hinter der Gegengeraden. Die Teilsanierung der Haupttribüne mit neuer Dacheindeckung und Installierung roter Sitzschalen vor mittlerweile über 20 Jahren kann den nostalgischen Gesamteindruck kaum trüben, vielmehr sollte man sich über die Bewahrung der ursprünglichen Architektur durch die Sanierung freuen. Man hätte ja auch abreißen und eine billige Stahlrohrkonstruktion hinstellen können. Die überdachten Betonverschläge für die Trainerbänke kamen in den 1970ern dazu, sie würden jeder Sowjetschüssel zur Ehre gereichen.

Man kommt bei diesem Stadion aus dem Schwärmen einfach nicht heraus. Umso schöner, dass hier weiter am Erhalt der Substanz gearbeitet wird. Im Verlaufe des vergangenen Jahres wurde der Rasen runderneuert und zum Pokalspiel gegen den FC Saarbrücken eingeweiht. Mit Drainage, wie als Seitenhieb auf den Acker des Gegners immer wieder betont wurde. Als nächstes sollen die Sanitäranlagen der Jugend saniert werden und es gibt noch weitere Ideen. Saarlands Innenminister versprach zur Rasenweihe, das Land werde auch weitere Sanierungsarbeiten (vielleicht meinte er die Spieser Kurve?) in Neunkirchen unterstützen. Und man konnte ihn so interpretieren, dass aus Landesmitteln auch endlich eine Drainage in den Ludwigspark kommen könne.

Gut erhaltene alte Stadien leiden oft darunter, dass ihre Heimmannschaften unterklassig spielen und die Atmosphäre mehr durch den Geist der Vergangenheit geprägt wird als durch volle Ränge in der Gegenwart. Es konnte einem also das Herz aufgehen, als gestern zum ersten Pflichtspielduell zwischen Neunkirchen und Saarbrücken seit 2015 über 7.000 Zuschauer ins Ellenfeld strömten. Die Ränge waren gut gefüllt zur „Mutter aller Saarderbys“ und das sah großartig aus. Richtige Derbystimmung machte sich trotzdem nicht breit, zu dominant waren die Saarbrücker, zu schnell fielen die ersten Tore für die Gäste. So spulten die Saarbrücker Ultras ihr Singsangprogramm ab, über die Tore jubelten vernehmbar nur die Saarbrückenfans auf der Tribüne. Nur selten kam mal ein Raunen der Heimfans auf, gelangte ihre Mannschaft doch fast nie in den gegnerischen Strafraum. Natürlich regnete es, muss ja sein bei einem Pokalspiel mit dem FCS. Zwar nicht durchgehend, aber wenn, dann heftig und sturmgepeitscht. So sehr, dass nach rund 70 Minuten ein beachtlicher Teil der Zuschauer nach Hause ging. Kaum waren sie weg, kam die Sonne wieder raus.

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